Art Déco Karaffe aus böhmischem Kristall, um 1925
Diese facettierte Kristallkaraffe mit markantem, geschliffenem Stopfen entstand um die Mitte der 1920er Jahre in einer nordböhmischen Glasmanufaktur. Die klare, facettierte Form unterstreicht die Brillanz des Materials und zeigt den hohen Anspruch der böhmischen Glasmacher auf technische Perfektion.
Besonders hervorzuheben ist die geometrische Dekoration in Schwarzlot und Emailfarben (Schwarz, Weiß, Gelb). Mit ihren spitzen Winkeln, Strahlenformen und abstrakten Ornamenten verkörpert sie die moderne Formensprache des Art Déco, die den Geist des Maschinenzeitalters aufgriff und zugleich enge Bezüge zur Wiener und Prager Avantgarde aufweist.
Böhmische Glasmanufakturen
In den 1920er Jahren war Böhmen eines der führenden Zentren der Glas- und Kristallherstellung weltweit. Besonders bekannt waren Städte wie Gablonz/Jablonec nad Nisou, Haida/Nový Bor und Karlovy Vary, in denen sowohl feines Kristallglas als auch Schmuckglas produziert wurde. Die Region profitierte von einer langen Tradition der Glasverarbeitung, hochwertigen Rohstoffen und erfahrenen Handwerkern. Neben traditionellen Techniken wie Schleifen, Gravieren und Ätzen experimentierten die Hersteller zunehmend mit modernen Designs und industriellen Fertigungsmethoden, um den wachsenden internationalen Markt zu bedienen. Böhmisches Glas war besonders für seine Qualität, Präzision und ästhetische Vielfalt bekannt und spielte eine wichtige Rolle für den Export in die USA, nach Westeuropa und in andere Teile der Welt.
Die böhmische Glasproduktion experimentierten vor allem auch mit innovativen Schwarzlot- und Emaildekoren, so wie bei dieser Karaffe, die ein charakteristisches Beispiel für die Symbiose von traditioneller böhmischer Glasverarbeitung und avantgardistischem Design ist.